In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde im Auftrag des Königlich Bairischen Topographischen Bureaus die kartographische Originalaufnahme für die Landesvermessung durchgeführt. Im Jahre 1820 vermaß Oberlieutnant Josef Naus das Zugspitzplatt und bestieg dabei mit seinem Messgehilfen Meier und dem Bergführer Deutschl die Zugspitze zum ersten Mal. Das resultierende Original-Positionsblatt im Maßstab 1:25'000 (Abb. 3) diente als Stichvorlage für das entsprechende Blatt im Topographischen Atlas von Bayern 1:50000, dem ersten großen amtliche topographische Kartenwerk des Königreichs, zu dem wenig später die ebenfalls von Naus und Aulitschek aufgenommenen Blätter der Berchtesgadener Alpen (Nr. 93 und 94, 1826 und 1829) hinzukommen.

Zur Geschichte der Gletschervermessung in Bayern

Im Jahr 1892 wendet Sebastian Finsterwalder im Auftrag des Topographischen Bureaus das terrestrisch-photogrammetrische Aufnahmeverfahren zum ersten Mal in Deutschland an und vermisst alle Gletscher im Wettersteingebirge und in den Berchtesgadener Alpen im Maßstab 1:5'000. Der Gletscher auf dem Zugspitzplatt steht kurz davor, sich in zwei Teile zu trennen (Abb. 10).

Abb. 5: Ausschnitt der Karte "Die Zugspitze mit den Umrandungen des Plattach und Höllenthalferners" von Waltenberger (1882)

In den Jahren 1949 und 1950 erfolgte eine Neuvermessung der bayerischen Gletscher durch Richard Finsterwalder, allerdings ohne den Watzmanngletscher, der damals stark geschrumpft war und nicht mehr als Gletscher betrachtet wurde. Der Bildflug des Bayerischen Landesvermessungsamtes aus dem Jahre 1959 zeigte den Gletscher jedoch wieder in einer ausreichenden Größe, um als solcher eingestuft zu werden. Seit den 1960er Jahren erfolgt die photogrammetrische Aufnahme der bayerischen Gletscher in Abständen von ungefähr 10 Jahren am Institut für Photogrammetrie und Kartographie (IPK) der TU München in Zusammenarbeit mit der Kommission für Glaziologie (KfG) der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Im Rahmen des DFG-Projekts "Bayerische Gletscher" werden die Auswerteoriginale der wichtigsten Vermessungen eingescannt, georeferenziert, in UTM-Koordinaten umprojiziert und in Form von Geländemodellen gespeichert. Abbildung 11 zeigt ein Beispiel für die Visualisierung eines solchen Geländemodells.

Abb. 10: Ausschnitt des Kartenblattes "Zugspitze" von Finsterwalder & Jäger (1892).

Der selbe "Herr Trigonometer A. Waltenberger" nimmt von 1885-1887 im Auftrag des Alpenvereins das bayerisch-österreichische Grenzgebiet bei Berchtesgaden topographisch auf. Daraus resultierten 4 Blätter im Maßstab 1:50000, die als Alpenvereinskarten in der Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (1885-1887) veröffentlicht wurden (Abbildung 6).

Abb. 8: Pause der Originalaufnahme des Topographischen Bureaus des Bayerischen Generalstabs

Abb. 11: Visualisierung eines digitalen
Geländemodells in Verbindung mit einem
Luftbild (
© Digitales Orthophoto, Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern, Nr. 2782/06 LVG Bayern) als perspektivische 3D-Ansicht

Das Zugspitzplatt zeigte mit dem Plattachferner damals noch eine zusammenhängende Vergletscherung, die laut Hirtlreiter (1992) bereits der neuzeitlichen Maximalausdehnung entsprach, während Richard Finsterwalder (1951) für den Hochstand das Jahr 1856 angibt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann die Trennung des Plattachferners in Nördlichen, Südlichen und Östlichen Schneeferner, wobei der Flächenverlust zunächst gering bleibt. Dies belegt eine Karte Waltenbergers von 1875, die das Zugspitzgebiet im Maßstab 1:50'000 darstellt (Abbildung 5).
Abb. 4: Ausschnitt des Positionsblattes "St. Bartholomae" (Nr. 870). Aufnahme durch Lieutnant Aulitschek im Jahre 1819, Zeichnung von Oberlieutnant Naus, 1836 (© LVG Bayern).
Als Kartierungsgrundlage dienten auf den Maßstab 1:25000 verkleinerte Katasterkarten 1:5000 bzw. die Aufnahmeblätter der österreichischen Landesaufnahme. Die Schichtlinien im Intervall von 100 m müssen aber noch als "Schätzungsisohypsen" oder "Formlinien" ohne mathematische Genauigkeit aufgefasst werden (Waltenberger 1887).
Im Jahr 1888 erscheint die auf der selben Geländeaufnahme basierende erste Alpenvereinskarte im Maßstab 1:25000, der "Topographische Plan vom Watzmann und Umgebung" (Abbildung 6). Dieser stellt insofern einen neuen Kartentyp dar, als durch den völligen Verzicht auf Schraffen und eine Schummerung nach Vertikalbeleuchtung eine zuvor nicht erreichte Übersichtlichkeit geschaffen wird (Finsterwalder 1969). Auch zu dieser Zeit ist die Eiskapelle noch ein kleiner Gletscher, das Hocheis dagegen ist bereits weitgehend verschwunden.
Kurz darauf führte das Topographische Bureau exaktere Höhenbestimmungen anhand bayerischer Katasterblätter 1:5000 durch, in die tachymetrisch oder barometrisch bestimmte Höhenpunkte eingezeichnet und daraus Schichtlinien mit einer Äquidistanz von 10 m abgeleitet wurden. Diese Aufnahme ist die erste, die sich für eine dreidimensionale quantitative Betrachtung der Gletscher eignet, auch wenn aufgrund der relativ geringen Punktdichte die Schichtlinienführung unsicher ist (Finsterwalder 1969). Die Aufnahmblätter wurden wieder auf den Maßstab 1:25000 verkleinert und als Positionsblätter publiziert. Am Institut für Photogrammetrie und Kartographie der TU München wurde eine Pause der Originalaufnahme vom Blaueis im Maßstab 1:5000 ausfindig gemacht (Abb. 8), das Landesamt für Vermessung und Geoinformation stellte eine digitale Kopie des Aufnahmeblatts SO.028.44 mit Watzmanngletscher zur Verfügung (Abb. 9).
Abb. 6: Ausschnitt der "Special-Karte der Berchtesgadener Alpen" 1:50000, Blatt III (Watzmann) von A. Waltenberger.
Z. DuÖAV
XVIII, 1887.
Abb. 7: Ausschnitte aus dem "Topographischen Plan vom Watzmann und Umgebung" 1:25000 von Waltenberger, 1888.
Abb. 9: Ausschnitt aus dem Originalaufnahmeblatt SO.028.44 des Topographischen Bureaus von 1897 (© LVG Bayern).

Multimedia-Anwendungen erlauben auch animierte Darstellungen des Gletscherverhaltens (Abb. 12). Diese sehr anschauliche Visualisierungsmöglichkeit bietet sich vor allem in Lehre und Öffentlichkeitsarbeit an.

Ein Ausschnitt des Positionsblattes "St. Bartholomae" ist in Abbildung 4 dargestellt und zeigt neben dem Watzmanngletscher noch die Eiskapelle und das Hocheis. Die beiden letzteren sind heute keine Gletscher mehr, auch wenn die Eiskapelle als perennierender Schnee- und Eisfleck immer noch beeindruckende Ausmaße aufweist.
Positions- und Atlasblätter eignen sich aufgrund mangelnder Genauigkeit und der ungenau festgelegten Gletschergrenzen nicht für quantitative glaziologische Aussagen.

Abb. 3: Ausschnitt des Positionsblattes "Zug-Spitz" (Nr. 888). Aufnahme (1820) und Zeichnung (1826) durch Oberlieutenant Naus
(© LVG Bayern).

Abb. 1: Ausschnitt aus dem "Plan von der Kayserlich-Königlichen und Hochfürstlich Freysingischen Commission neu ausgemarkten Tyrolisch und Freysingisch Werdenfelsischen neuen Landesgranitz und niederen Gerichts Linie"
(um 1766, Staatsarchiv Wien).
Die erste bekannte kartographische Darstellung eines Gletschers in Bayern ist die des Plattacher Ferners auf dem Zugspitzplatt im Atlas Tyroliensis (1774, Geländeaufnahme um 1762). Eine etwas detailreichere und genauere Darstellung entstand im Rahmen der Festlegung der Landesgrenze nach einem Vergleich aus dem Jahre 1766 (Abb. 1).
Im November 2006 wurde das Wettersteingebirge durch das Landesamt für Vermessung und Geoinformation (LVG) mit einem flugzeuggetragenen Laserscanner aufgenommen. Als Ergebnis liegt nun ein hochaufgelöstes Geländemodell (1 m Maschenweite) mit einer Höhengenauigkeit von wenigen Zentimetern vor. Bei einer künstlichen Beleuchtung des Höhenmodells lassen sich nicht nur die Schlepplifttrassen auf dem Nördlichen Schneeferner, sondern weitere Details im Mikrorelief erkennen (Abb. 13).
Abb. 13: Hillshade des Laserscanning-DGMs (© LVG Bayern) im Bereich des Nördlichen Schneeferners. Das Rollover-Bild vergrößert im linken Quadrat Pistenraupenspuren, im rechten Quadrat ist ein Schneewall zu erkennen, der verhindern sollte, das Steinschlag aus dem Felsgelände bis auf die Skipiste rollt.
Alois von Coulon war einer der ersten Mitarbeiter am Topographischen Bureau, er nahm zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Wettersteingebirge im Maßstab 1:28000 auf (Abb. 2). Die erste bekannte kartographische Darstellung eines Gletschers in Bayern ist die des Plattacher Ferners auf dem Zugspitzplatt im Atlas Tyroliensis (1774, Geländeaufnahme um 1762). Eine etwas detailreichere und genauere Darstellung entstand im Rahmen der Festlegung der Landesgrenze nach einem Vergleich aus dem Jahre 1766 (Abb. 1).
Abb. 2: Ausschnitt aus der Karte "Wettersteingebirge" von Alois von Coulon (aus: Wolff 1991).